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Private KV muss künstliche Befruchtung zahlen

22.03.2024

Mit Urteil vom 19.03.2024 hat das Amtsgericht Dortmund eine Private Krankenversicherung verurteilt, an meine Mandantin 1.243,87 EUR plus Zinsen für die Kosten einer künstlichen Befruchtung zu übernehmen.

Die 1988 geborene Mandantin ist privat krankenvollversichert. Sie war mit ihrem Ehemann ungewollt kinderlos. Nach klinischer Untersuchung in einer Kinderwunschpraxis und aufgrund der Ergebnisse eines durchgeführten Postkoitaltestes stellten die Ärzte die Indikation für eine hormonelle Stimulation und eine Inseminationsbehandlung. Die Ärzte empfahlen die Kostenübernahme von zunächst sechs entsprechenden Behandlungen nach den üblichen Sätzen der Gebührenordnung für Ärzte. Die Behandlungen wurden durchgeführt. Die Klägerin konnte ein gesundes Kind zur Welt bringen.

Nach den zwischen den Parteien vereinbarten Versicherungsbedingungen sind die Kosten für eine künstliche Befruchtung erstattungsfähig, wenn die Versicherungsnehmerin zum Zeitpunkt der Behandlung das 50. Lebensjahr noch nicht vollendet hat und eine organisch bedingte Sterilität besteht, die nur mittels künstlicher Befruchtung/Insemination überwunden werden kann. Das Paar muss verheiratet sein oder in einer ehelichen Lebensgemeinschaft leben. Es muss eine deutliche Erfolgsaussicht für die gewählte Behandlungsmethode bestehen.

Vor Klageerhebung hatte die Mandantin eine Rechnung der Ärzte über einen Betrag in Höhe von 565,10 EUR bei der privaten Krankenversicherung eingereicht. Diese zahlte lediglich einen Betrag in Höhe von 176,48 EUR und lehnte die Kosten für die Inseminationsbehandlung ab. Es sei nicht nachgewiesen, dass die Mandantin Verursacherin des unerwünschten Kinderwunsches des Paares sei. Mit der Klage reichte die Klägerin auch die weiteren Rechnungen der Kinderwunschpraxis ein, so dass ein nicht erstatteter Gesamtbetrag in Höhe von 1.243,87 EUR bestand.

Die Versicherung hatte bestritten, dass bei der Klägerin eine Krankheit im Sinne der Versicherungsbedingungen vorliege. Sie sei nicht Verursacherin des unerfüllten Kinderwunsches. Vielmehr lägen für den Ehemann neben zwei unauffälligen Spermiogrammen auch ein auffälliges Spermiogramm vor, welches ein mit 96 % hohen Wert an pathologischen Spermien zeige.

Nach Einholung eines Sachverständigengutachtens gab das Amtsgericht Dortmund der Klage statt: Die Klägerin habe das 50. Lebensjahr noch nicht vollendet. Sie sei zum Zeitpunkt der Behandlung verheiratet gewesen. Nach Einholung eines Sachverständigengutachtens stünde fest, dass bei der Klägerin eine organisch bedingte Sterilität vorliege. Diese sei allein mittels künstlicher Befruchtung/Insemination zu überwinden. Die Klägerin sei jedenfalls auch Verursacherin des unerfüllten Kinderwunsches. Das stehe aufgrund der schriftlichen Äußerungen der Sachverständigen fest. Der Sachverständige habe die ihm gestellten Beweisfragen eindeutig im Sinne der Klägerin beantwortet.

Dem stünde nicht entgegen, dass für den Ehemann zumindest ein pathologisches Spermiogramm vorliege. Der privat Versicherte trage die Beweislast dafür, dass er der Verursacher sei. Bleibe ungeklärt, ob die Kinderlosigkeit auf eine Fortpflanzungsunfähigkeit des VNs oder seines Ehepartners zurückzuführen ist, bestehe kein Anspruch auf Kostenersatz gegen die Private Krankenversicherung (vgl. LG Berlin, NVersZ 2001, 22). Vorliegend habe die Sachverständige allerdings - anders als in dem vom Landgericht Berlin entschiedenen Fall - eine organisch bedingte Sterilität der Klägerin positiv festgestellt. Dass möglicherweise die schlechte Spermienqualität des Ehemannes mitursächlich für den unerfüllten Kinderwunsch gewesen sei, ändere an der rechtlichen Bewertung nichts.

(Amtsgericht Dortmund, Urteil vom 19.03.2024, AZ: 426 C 3898/22)

Christian Koch, Fachanwalt für Medizinrecht & Verkehrsrecht

 
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