Versicherung muss Krankentagegeld weiterzahlen
11.05.2020
Der am 21.05.1964 geborene Angestellte unterhält seit 2011 eine private Krankentagegeldversicherung. Dem Vertrag lag der Tarif KT6 mit den Versicherungsbedingungen MB/KT 2009 zugrunde. Dieser Tarif sicherte meinem Mandanten bei Arbeitsunfähigkeit ein Krankentagegeld in Höhe von 15 Euro ab dem 43. Tag der Arbeitsunfähigkeit zu. Gemäß § 15 Abs. 1 (1) b) MB/KT 2009 endet das Versicherungsverhältnis mit Eintritt der Berufsunfähigkeit. Berufsunfähigkeit liegt vor, wenn die versicherte Person nach medizinischem Befund im bisher ausgeübten Beruf auf nicht absehbare Zeit mehr als 50 % erwerbsunfähig ist. Besteht zu diesem Zeitpunkt in einem bereits eingetretenen Versicherungsfall Arbeitsunfähigkeit, endet das Versicherungsverhältnis nicht vor dem Zeitpunkt, bis zu dem der Versicherer seine im Tarif aufgeführten Leistungen für diese Arbeitsunfähigkeit zu erbringen hat, spätestens aber drei Monate nach Eintritt der Berufsunfähigkeit. Der Mandant war technischer Leiter in einem städtischen Betrieb. Seine Arbeit beinhaltete Schreibtischarbeit, die Betreuung anderer Mitarbeiter, die Durchführung und Überwachung von Umbauarbeiten, das Einweisen von Mitarbeitern sowie das Führen von Personalgesprächen. Ich hatte für den Mandanten den typischen Ablauf einer Arbeitswoche unter Beweisantritt dargestellt. Nach einem Freizeitunfall, bei dem sich der Mandant eine Verletzung an der Brustwirbelsäule zugezogen hatte, war er zu 100 % arbeitsunfähig im Sinne der Versicherungsbedingungen. Nachdem die Versicherung gut fünf Monate das Krankentagegeld gezahlt hatte, vertrat sie die Ansicht, nach einem aktuellen Arztbericht sei nicht mehr von nur vorübergehender Arbeitsunfähigkeit auszugehen. Es läge Berufsunfähigkeit vor. Sie werde den versicherten Tagessatz letztmalig am 28.04.2018 zahlen. Bereits eine Woche vor diesem Datum ging der Mandant nach einer Rehabilitationsmaßnahme wieder arbeiten. Ich hatte im Prozess behauptet: Der Mandant sei nicht berufsunfähig im Sinne der Versicherungsbedingungen. Er gehe wieder vollschichtig arbeiten. Dabei übe er exakt dieselben Tätigkeiten aus wie vor seiner bedingungsgemäßen Arbeitsunfähigkeit. Er könne die Tätigkeit unter gesundheitlichen Aspekten wieder leisten, ohne diese unter Schmerzen und Raubbau an seinem Körper auszuführen. Das Gericht hat bestätigt: Die Versicherung müsse beweisen, dass der Mandant berufsunfähig sei. Der gerichtliche Sachverständige habe meinen Mandanten untersucht und die ärztlichen Unterlagen ausgewertet. Zur Frage der Berufsunfähigkeit, bezogen auf den Stichtag 28.01.2018, habe der Sachverständige erklärt, dass dem Mandanten im Entlassungsbericht der Reha-Klinik für seinen konkreten Beruf ein vollschichtiges Leistungsvermögen attestiert worden sei. Auch ein orthopädisches Konsil während des Klinikaufenthaltes bescheinige eine vollschichtige Leistungsfähigkeit. Wegen der orthopädischen Beschwerden sollten lediglich Zwangshaltungen und schweres Heben und Tragen von Lasten vermieden werden. Wesentliche funktionelle Einschränkungen am Haltungs- und Bewegungsapparat lägen nicht vor. Die lange Arbeitsunfähigkeit von fast acht Monaten begründe keine Berufsunfähigkeit des Mandanten. Die Versicherung bleibe deshalb für die Berufsunfähigkeit beweisfällig, so dass die Klage begründet sei. Der Kläger habe Anspruch auf die gerichtliche Feststellung, dass seine Krankentagegeldversicherung bei der Beklagten über den 28.04.2018 hinaus fortbestehe. (Amtsgericht Unna, Urteil vom 25.03.2020, AZ: 16 C 125/19) Christian Koch, Fachanwalt für Medizinrecht |