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Falscher Brustaufbau nach Tumor-OP: 35.000,00 €

27.09.2013

Da nach dem endgültigen feingeweblichen Ergebnis der Operation die Tumorentfernung nicht ausreichend im Gesunden erfolgt war, musste die Mandantin am 24.07.2006 eine brusterhaltende Nachresektion mit zentraler Mastopexie durchführen lassen. Nachdem das feingewebliche Ergebnis erneut ausgedehnte Residuen eines gut differenzierten, nicht invasiven intraduktalen Karzinoms sowie ein 1 mm großes gut differenziertes invasives duktales Karzinom zeigte, führte der beklagte Arzt des Krankenhauses am 28.07.2006 die Entfernung der linken Brust mit Sofortrekonstruktion durch einen Latissimus-dorsi-Insellappen durch. Dieser eingesetzte Lappen wurde jedoch nekrotisch und musste in einer weiteren Operation entfernt werden. Dieser Infekt musste durch die Vornahme einer Oberbauchverschiebeplastik abgedeckt werden. Am 17.08.2006 führte ein weiterer Arzt des beklagten Krankenhauses eine Nekrosektomie mit Latissimus-Teil-Resektion durch. Am 29.05.2008 entfernte ein Nachbehandler in München die Reste des Latissimus-dorsi-Lappens und rekonstruierte im gleichen Eingriff auf der linken Seite die Brust mittels eines sogenannten DIEP-Lappens.

Im Prozess vor dem Landgericht Köln stellte der Sachverständige mehrere grobe Behandlungsfehler fest. Diese hätten zu einer Durchblutungsstörung der Mamille geführt. Das Unterlassen der Untersuchung der Durchblutungssituation der Mamille sei schlechterdings nicht nachvollziehbar. Das Absterben des Latissimus-dorsi-Insel-Lappens sei auf einen groben Behandlungsfehler zurückzuführen. Ebenso sei dieser Muskellappen viel zu tief am Rücken entnommen worden. Im Rahmen der Nachsorge falle dem beklagten Krankenhaus ebenfalls ein Grober Behandlungsfehler zur Last, weil die Lappendurchblutung nicht überprüft wurde. Auch die Nekrosektomie mit Latissimus-Teil-Resektion vom 17.08.2006 sei grob behandlungsfehlerhaft, weil die Oberbauchverschiebeplastik in der konkret gewählten Art nicht geeignet war, die zu entfernenden Areale abzudecken. Eine erneute Operation in dem nachbehandelnden Krankenhaus sei ebenfalls auf diesen Fehler zurückzuführen.

Das Landgericht hatte Krankenhaus verurteilt, an die Klägerin ein Schmerzensgeld in Höhe von 10.000 Euro zu zahlen. Schmerzensgelder ab 40.000 Euro seien nur schwersten Schädigungen vorbehalten. Zudem könne die Klägerin nicht die Kosten des Nachbehandlers geltend machen, weil dieser privat abgerechnet habe. Die Klägerin sei nur gesetzlich versichert. Im Rahmen ihrer Schadensminderungspflicht hätte sie nur einen Anspruch auf Kostenerstattung im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung. Es hat der Klägerin einen Anspruch auf Feststellung sämtlicher Zukunftsschäden zugesprochen.

Gegen dieses Urteil habe ich Berufung mit der Begründung eingelegt, dass die Höhe des Schmerzensgeldes in keinster Weise nachvollziehbar sei. Das Landgericht Köln habe der Mandantin ohne jegliche Begründung und Bezugnahme auf irgendwelche vergleichbaren Urteile nur ein Schmerzensgeld in Höhe von 10.000,00 € zugebilligt, obwohl sie sich wegen der groben Behandlungsfehler vier unnötigen Operationen unterziehen musste. Die Mandantin leide noch unter erheblichen postoperativen orthopädischen und neurologischen Schäden, welche auf die Behandlungsfehler zurückzuführen seien. Die von der Klägerin geschilderten postoperativen Beschwerden seien überhaupt nicht durch ein weiteres Sachverständigengutachten abgeklärt worden. Hätte die Kammer einen Orthopäden, Neurologen und Psychiater eingeschaltet, wäre sie zu dem Ergebnis gekommen, dass die von der Klägerin aufgeführten Folgen auf die gerügten groben Behandlungsfehler zurückzuführen seien. Ebenfalls habe die Klägerin Anspruch auf Kostenübernahme der privatärztlichen Rechnungen, weil hiermit die Folgen der groben Behandlungsfehler beseitigt worden seien.

Der Senat hat im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 07.08.2013 darauf hingewiesen, dass das Schmerzensgeld in Höhe von nur 10.000 Euro tatsächlich außer jeglicher Diskussion stehe. Die Mandantin dürfe zudem die Kosten des privaten Sachverständigen geltend machen. Offen sei, ob sich die Mandantin noch einer weiteren Operation unterziehen werde. Er riet zum Abschluss eines Vergleiches in Höhe von 35.000 Euro. Diesen Vorschlag haben beide Parteien angenommen.

(OLG Köln, Vergleichsbeschluss vom 07.08.2013, AZ: 5 U 15/13)

Christian Koch, Fachanwalt für Medizinrecht

 

 
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