Eintritt des Rechtsschutzfalles bei ärztlichem Behandlungsfehler
28.05.2014
Das Landgericht München I hat klargestellt, worauf bei der zeitlichen Einordnung eines Rechtsschutzfalles gemäß § 4 Abs. 1 ARB zu achten ist: Entscheidend für das vorliegende Schadensereignis sei allein der äußere Vorgang, der den Schaden unmittelbar herbeiführt oder der Eintritt des Verletzungszustandes, im Falle schadhafter Brustimplantate also das spätere Reißen der Implantatshülle (und nicht etwa das zeitlich zuvor angesiedelte Implantieren der schadhaften Implantate). Sei also der Vertrag bei der Rechtsschutzversicherung im Jahre 2009 abgeschlossen worden, wurden die Implantate aber bereits 2005 implantiert, kann die Rechtsschutzversicherung die Deckungszusage nicht wegen Vorvertraglichkeit ablehnen, wenn sich die Schadensfolgen erst im Jahre 2011 realisierten. Für die Bestimmung des Rechtsschutzfalles sei die Folgeereignistheorie des § 4 Abs. 1 a ARB einschlägig. Dies entspricht der (alten) Formulierung des § 14 Abs. 1 Satz 1 Muster-ARB/75. Damit greife die für den VN günstigere Folgeereignistheorie der Muster-ARB 1975 (im Gegensatz zu der Kausalereignistheorie der Muster-ARB 2000). Für den Rechtsschutzfall sei erst das Schadensereignis maßgeblich, welches aus dem tatbeständlichen Handeln hervorgehe, bzw. der Primärschaden, der sich später aus dem pflichtwidrigen Handeln nach außen realisiere (Prölss/Martin, VVG, 28. Aufl., § 4 ARB, Rdn. 146). Maßgeblich ist das dem Schadenseintritt unmittelbar vorausgehende äußere Ereignis, d.h. hier also das Platzen (Ruptieren) der Implantate und nicht etwa das Implantieren selbst. Da im zugrunde liegenden Fall das Implantat unstreitig erst im August 2011 gerissen war, läge erst seither ein Primärschaden vor. Nur dieser Umstand sei ausschlaggebend für die Frage des Rechtsschutzfalles. Auch der Rechtsschutzfall gegen Implantate-Hersteller sei als Schadensersatzrechtsschutz (und nicht als Vertragsrechtsschutz) einzustufen, da es dabei um eine Haftung nach § 4 Medizin-Produktegesetz gegen den Hersteller gehe, welcher rein deliktischer Natur sei. Das gelte entsprechend auch für das Produkthaftungsgesetz. Auch durch Erteilung einer Herstellergarantie komme kein Vertrag mit dem Patienten zustande. Dieser erwerbe die Implantate nicht vom Hersteller, sondern im Rahmen des Behandlungsvertrages direkt von der Klinik. Sein Verhältnis zum Hersteller sei also rein deliktischer Natur. (LG München I, Urteil vom 21.03.2013, AZ: 25 O 7649/12) Christian Koch, Fachanwalt für Medizinrecht |