Fußgänger überfahren: 12.000,00 €
26.05.2014
Der am 01.10.1970 geborene Mandant ging am 16.02.2007 alkoholisiert auf dem Standstreifen einer Bundesstraße, welche Fußgängern die Benutzung verbot, entlang. Ein Polo-Fahrer lieferte sich mit einem Freund ein Rennen und überholte einen vor ihm fahrenden LKW auf dem Standstreifen. Er wechselte vollständig auf den Standstreifen und begann das Überholmanöver. Dabei erreichte er mindestens eine Geschwindigkeit von 90 km/h. Aus einer Entfernung von etwa 40 Metern erkannte er plötzlich den Mandanten, leitete eine Vollbremsung ein, so dass es bei rund 70 km/h zur Kollision kam. Der Mandant erlitt Frakturen in beiden Unterschenkeln, eine Fraktur im Bereich der Halswirbelsäule, eine schmerzhafte Gehirnerschütterung, blutende Kopfverletzungen und zahlreiche Schürfwunden. Er befand sich drei Wochen in stationärer Behandlung. Das osteosynthetische Material musste in einer weiteren OP entfernt werden, eine Reha-Maßnahme war zu absolvieren. Im Vorprozeß hatte der damalige Bevollmächtigte nur ein Schmerzensgeld in Höhe von 5.100 Euro verlangt. Im Urteil vom 16.05.2011 ist der Unfallverursacher verurteilt worden, an den Mandanten 6.400 Euro und Zinsen zu zahlen. Mit der jetzigen Klage gegen den vorherigen Bevollmächtigten hat der Mandant weiteren Schadensersatz aufgrund fehlerhafter Prozessführung in dem vorherigen Schadensersatzprozess verlangt. Die Pflichtverletzung des beklagten Anwaltes bestehe darin, dass er in dem Zivilverfahren kein höheres Schmerzensgeld beantragt habe. Er hätte zudem darauf drängen müssen, den künftig drohenden Schaden durch ein Gutachten zu verifizieren. Das Landgericht Dortmund ist zu dem Ergebnis gekommen: Bei vollständiger Haftung des Unfallgegners sei aufgrund der bereits festgestellten Verletzungen ein Schmerzensgeld von 12.000 Euro angemessen gewesen. Aufgrund der 80 %igen Quote sei daher ein Schmerzensgeld in Höhe von 9.600 Euro angemessen. Im Laufe des Prozesses habe sich durch das Gutachten zum Hergang des Verkehrsunfalles bestätigt, dass sich der Unfall auf dem Seitenstreifen ereignet habe. Damit sei erkennbar gewesen, dass die Quote für den Kläger günstiger ausfallen musste. Der beklagte Anwalt hätte nach Vorlage dieses Gutachtens im Termin die Klage erhöhen müssen, was nicht mit einem Kostenrisiko verbunden gewesen sei. Dem Kläger sei nämlich bereits Prozesskostenhilfe bewilligt worden. Er hätte auch für diesen erhöhten Antrag einen Antrag auf Bewilligung der Prozesskostenhilfe stellen können. Diese Erhöhung wäre auch prozessual zulässig gewesen, da sie als Klageerweiterung gemäß §§ 263, 264 ZPO als sachdienlich anzusehen gewesen wäre. Der beklagte Anwalt hätte auch von vornherein klarstellen können, dass nur unter Berücksichtigung einer möglichen Quote aus Kostengründen eine reduzierte Forderung geltend gemacht werde. Dieses habe er pflichtwidrig unterlassen. Vielmehr habe er von vornherein beantragt festzustellen, dass der Unfallverursacher für die Zukunftsschäden zu 100 % haften solle. Da dem Kläger in dem ersten Verfahren nur ein Betrag von 6.400 Euro zugesprochen worden sei, sei ihm deshalb unter Berücksichtigung der 80 %igen Quote (Schmerzensgeld 9.600 Euro) ein Schaden in Höhe von 3.200 Euro entstanden, für den der Anwalt zu haften habe. (Landgericht Dortmund, Urteil vom 19.02.2014, AZ: 21 O 141/12) Christian Koch, Fachanwalt für Verkehrsrecht |