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Kündigung der Behandlung durch Zahnarzt: 5.500 Euro

12.09.2017

Der 1956 geborene Patient hatte im März 2014 mit seinem Zahnarzt vereinbart, dass dieser eine komplett neue Prothetik im Ober- und Unterkiefer fertigte, und zwar inklusive der dafür medizinisch notwendigen Implantate. Hierfür zahlte der Mandant dem Zahnarzt quittiert 10.000 Euro. Zwei der vier im Oberkiefer gesetzten Implantate gingen verloren. Auf die verbliebenen zwei Implantate setzte der Zahnarzt im Oberkiefer eine provisorische Versorgung. Für die zwei verlorenen Implantate wollte er zwei neue einsetzen. Die Oberkieferprothese wurde nicht wie zugesichert aus Keramik, sondern nur aus Kunststoff gefertigt. Die endgültige Oberkieferprothetik sollte erst gefertigt werden, wenn die Ersatzimplantate erfolgreich inseriert worden wären. Im Unterkiefer setzte der Zahnarzt ein Implantat und nutzte ansonsten die Restzähne als Stützpfeiler für die Prothetik. Nachdem der Mandant zahlreiche Mängel rügte, kündigte der Zahnarzt mit Schreiben vom 16.04.2015 das Arzt-Patienten-Verhältnis. Die Arbeiten im Oberkiefer waren nicht abgeschlossen. Es fehlten die zwei vertraglich zugesicherten Implantate. Es war nur ein Kunststoffprovisorium inseriert. Die Keramikprothese wurde nicht geliefert.

Ein Sachverständigengutachten ergab, dass an den Kronen 45 und 46 Randdefizite vorhanden waren. Ansonsten sei die prothetische Versorgung funktionell mängelfrei, unauffällig und ästhetisch ansprechend. Die Kronen müssten erneuert werden, der Halt dieser Zähne im Unterkiefer sei gefährdet. Nachdem sich der Zahnarzt geweigert hatte, 5.500 € zurückzuzahlen, damit die Arbeiten im Oberkiefer durch einen anderen Zahnarzt beendet werden konnten (2 neue Implantate + endgültige Prothetik), klagte der Mandant.

Das Gericht hat am 07.04.2016 gemäß § 139 ZPO einen Hinweis erteilt:

Der Zahnarzt habe bei einem Pauschalpreisvertrag für eine prothetische Neuversorgung auf Implantaten im Ober- und Unterkiefer den Behandlungsvertrag gekündigt, ohne dass die prothetische Neuversorgung im Oberkiefer beendet und abgeschlossen gewesen wäre.

Läge kein wichtiger Grund für die Kündigung vor, könnte dies - unabhängig vom Vorliegen eines Mangels - Grundlage für einen Schadensersatzanspruch sein.

Es würde sich ein (Teil-) Rückzahlungsanpruch für das Honorar aus § 628 Abs. 1 Satz 3 BGB ergeben, gerade wenn die Leistungen im Oberkiefer wegen des grundlosen Abbruchs der Behandlung für den Kläger nicht mehr von Interesse seien, weil der Nachbehandler auf dieser Grundlage keine Weiterbehandlung mehr vornehmen wollte und im Oberkiefer eine neue Versorgung vorgenommen habe.

Sollte der Zahnarzt allerdings berechtigt aus wichtigem Grund gekündigt haben, scheide ein Schadensersatzanspruch wegen der abgebrochenen Behandlung im Oberkiefer aus.

Zu berücksichtigen sei, dass trotz des Pauschalvertrages für die gesamte Arbeit die Versorgung im Oberkiefer nicht vollständig abgeschlossen gewesen sei. Deshalb stünde dem Zahnarzt, wenn die Arbeiten nicht vollständig abgeschlossen wären, nicht das vollständige Honorar zu. Er könne allenfalls eine Teilvergütung für die Arbeit im Unterkiefer und die verwertbaren Arbeiten im Oberkiefer verlangen. Für den Oberkiefer aber nicht die vollständige Teilvergütung, weil diese Prothetik noch nicht vollständig hergestellt und endgültig eingegliedert gewesen wäre. Es wäre deshalb ein anteiliger Rückzahlungsanspruch denkbar, allerdings nicht aus Schadensersatzgesichtspunkten, sondern gemäß §§ 628, 612 BGB. Es ergäbe sich das Problem, den verbrauchten Anteil der Pauschalvergütung für die erbrachten Leistungen im Unterkiefer sowie die verwertbaren Leistungen im Oberkiefer und die noch nicht verbrauchten Anteile der Pauschalvergütung in Bezug auf die noch nicht erbrachten Leistungen im Oberkiefer auszurechnen.

Die Parteien haben sich deshalb geeinigt, dass der Zahnarzt 5.500 Euro zurückzahlt und die gesamten gerichtlichen und außergerichtlichen anwaltlichen Gebühren des Mandanten zur endgültigen Erledigung des Rechtsstreits übernimmt.

(Landgericht Bochum, Vergleich vom 04.11.2016, AZ: I-6 O 67/16)

Christian Koch, Fachanwalt für Medizinrecht

 

 
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