Fehlerhafter Magen-Bypass: 90.000 Euro
14.03.2025
![]() |
Mit Vergleich vom 06.02.2025 hat sich ein Krankenhaus verpflichtet, an meine Mandantin ein Schmerzensgeld in Höhe von 90.000 Euro sowie meine vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren in Höhe einer 2,0-Geschäftsgebühr zu zahlen.
Die 1993 geborene Schülerin litt unter einer stetigen Gewichtszunahme bei einen Body-Mass-Index von 46,9 kg/m2. Die gesetzliche Krankenversicherung hatte die Kostenübernahme für eine Adipositas-chirurgische Maßnahme erklärt. Nach erfolgloser Anlage eines Schlauchmagens führten die Ärzte des Krankenhauses Monate später einer Umwandlungsoperation in einen Magen-Bypass durch. Hierzu müssen Teile des Magenschlauches entfernt werden. Es erfolgt eine ROUX-Y-Rekonstruktion in einem kleinen oberen Rest des Magenschlauches.
Nach diesem Eingriff und geplanter Second-Look-Laparotomie zur Kontrolle der Anastomosen und einer Cholezystektomie war die Mandantin nicht mehr in der Lage, flüssige oder feste Nahrung bei sich zu behalten. Sie litt unter persistierendem Erbrechen. In einer Gastroskopie zeigte sich ein relativ großer Blindsack im Bereich des Dünndarms, während der abführende Schenkel seitlich versetzt und höher lag. Die Ärzte mussten davon ausgehen, dass die Nahrung in den Blindsack gelangte und dieser dann die abführende Dünndarmschlinge komprimierte. Nach erfolgloser Revisionsoperation stellte sich die Mandantin nach über einjährigem Leidensweg und stationärer Behandlung in einer anderen Klinik (Internationales Adipositas Zentrum) vor.
Der Operateur beschrieb im Operationsbericht der Revisionsoperation, dass die alimentäre 50 cm lange Darmschlinge fehlerhaft in umgekehrter Peristaltikrichtung (anisoperistaltisch) an den Ösophagus angeschlossen war. Dies führte dazu, dass Nahrungsbestandteile in die fehlerhaft eingeschaltete Darmschlinge kamen und von daher in die falsche Richtung, nämlich nicht zum Anus, sondern Richtung Speiseröhre gedrückt und regelmäßig wieder ausgebrochen wurden.
Dieser operative Fehler wurde vom Nachoperateur behoben. Trotzdem kam es in der Folgezeit zu erheblichsten Komplikationen und Wundheilungsstörungen. Bis zum heutigen Zeitpunkt tritt bei der Mandantin ca. 20 bis 30 Mal pro Tag eine Unterzuckerung ein. Dieser Zustand war allerdings erst nach der erfolgreichen Revisionsoperation durch den Zweitbehandler eingetreten.
Der gerichtliche Sachverständige hatte bestätigt: Der Einbau des Darmanteiles in umgekehrter Richtung sei fehlerhaft, aber nicht grob fehlerhaft wegen der unübersichtlichen Verhältnisse, die durch die Voroperationen bestanden hätten. Das bei der Mandantin bestehende Dumping-Syndrom stünde in keiner beweisbaren Verbindung zu dem bei der ersten Bybass-Operation aufgetretenen Fehler. Auch ein nachweisbarer Zusammenhang zwischen dem Kurzdarmsyndrom und dem Behandlungsfehler könne nicht hergestellt werden.
Allerdings könnte der chronische Schluckauf in Zusammenhang stehen mit einer Nervenreizung, die bei der OP des Nachbehandlers aufgetreten sei. Beweisbar sei ein solcher Zusammenhang nicht. Die Wundheilungsstörung, die zu einer monatelangen stationären Nachbehandlung geführt habe, sei keine kausale Folge des Behandlungsfehlers. Diese hätte genauso auftreten können, wenn die Bypass-Operation fehlerfrei durchgeführt worden wäre. Man könne fast sagen, dass eine solche Wundheilungsstörung mit einer gewissen Ansage aufgetreten sei. Außerdem könne die Wundheilungsstörung auch infolge der Second-Look-Operation aufgetreten sein, bei der er keinen Behandlungsfehler feststellen könne.
Nach Eingrenzung der auf den Behandlungsfehler mit Sicherheit zurückzuführenden Folgen hat das Landgericht ein Schmerzensgeld in Höhe von 90.000 Euro vorgeschlagen. Diesen Vergleich haben beide Parteien angenommen.
(Landgericht Dortmund, Vergleich vom 06.02.2025, AZ: 12 O 358/23) Christian Koch, Fachanwalt für Medizinrecht & Verkehrsrecht |