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Fehlerhafte Rücken-OP: 101.292 Euro

17.06.2024

Mit Urteil vom 13.12.2023 hat das Landgericht Hagen ein Krankenhaus verurteilt, an meine Mandantin ein Schmerzensgeld in Höhe von 45.000 Euro, Haushaltsführungsschaden und Pflegemehrbedarf in Höhe von 54.150 Euro, außergerichtliche Gutachterkosten in Höhe von 2.142 Euro sowie meine außergerichtlichen Gebühren zu zahlen. Das Gericht hat festgestellt, dass das Krankenhaus verpflichtet ist, meiner Mandantin alle gegenwärtigen und künftigen materiellen sowie nicht vorhersehbaren immateriellen Schaden aus der fehlerhaften Behandlung zu zahlen.

 

Die 1958 geborene Hausfrau litt unter einer fortgeschrittenen Osteochondrose mit konsekutiver Spinalkanalstenose im Bereich LWK 4/5 und LWK 5/SWK 1. Wegen starker Rückenschmerzen unterzog sie sich einer operativen Spinalkanaldekompression. Bereits am selben Tag um 17.30 Uhr wurde ein Taubheitsgefühl in beiden Fersen dokumentiert. Derselbe Eintrag fand sich am Folgetag. Die Mandantin klagte, sie könne beide Füße nicht kontrollieren und bewegen. Ebenso schilderte sie ein Taubheitsgefühl seitlich in beiden Beinen und Fersen. Vier Tage nach der Operation wurde unter der Diagnose "beginnende Caudasymptomatik, teilweise Hypästhesie beider Oberschenkel, Blaseninkontinez, inkomplette Stuhlinkontinenz, Fußheberschwäche 3/5 links" eine MRT-Untersuchung angeordnet. Es zeigte sich ein Hämatom, das den Duraschlauch komprimierte. Die Einengung betrug bis zu 70 %.

 

Erst am nächsten Tag erfolgte eine Revisionoperation. Das Hämatom wurde operativ ausgeräumt. Das Taubheitsgefühl in beiden Beinen und die Fußheberschwäche ließen sich nicht mehr beseitigen. Seit der fehlerhaften Reaktion auf die postoperative Komplikation ist die Mandantin vermindert erwerbsfähig.

 

Der gerichtliche Sachverständige hatte festgestellt, dass die Ärzte der Beklagten nach der OP grob fehlerhaft nicht auf die Lähmungen beider Beine unverzüglich reagiert hätten. Die Operation sei erst mehrere Tage nach Beginn der Symptomatik angesetzt worden. Es handele sich bei der zeitlichen Verzögerung wegen der erkennbaren Caudasymptomatik um einen Behandlungsfehler, der einem Wirbelsäulen-Operateur schlechterdings nicht unterlaufen dürfe. Alle eingetretenen körperlichen Folgen seien auf den groben Behandlungsfehler zurückzuführen. Es bestehe die sehr große Wahrscheinlichkeit, dass der derzeitige Zustand der Mandantin mit den festgestellten Beschwerden und gesundheitlichen Einschränkungen dauerhaft sei. Eine wesentliche Besserung könne nicht mehr erwartet werden.

 

Das Landgericht Hagen hielt ein Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 45.000 Euro für angemessen. Der Feststellungsantrag sei begründet.

 

Für den Haushaltsführungsschaden für den Zeitraum Juni 2016 bis März 2019 ergebe sich bei einem Stundensatz von 10 Euro netto eine haushaltsspezifische Einschränkung (MdH) aufgrund der Behandlungsfehler von 80 %. Da 80 % aller Arbeiten im Haushalt mit Gehen und Stehen verbunden seien, wirkten sich die gesundheitlichen Einschränkungen der Klägerin, insbesondere die Fußheberschwäche, die fehlende Fähigkeit zum Abrollen beider Füße, die ständigen Schmerzen und die Unfähigkeit, ohne Rollator das Gleichgewicht zu halten, in fast allen Aufgabengebieten aus.

 

Die konkrete Höhe der Minderung der Haushaltsführung hat die Kammer gemäß § 87 ZPO auf 2,9 Stunden pro Tag, anschließend auf 1,8 Stunden pro Tag angenommen und hat sich damit der Sachverständigen und dem privaten Gutachter angeschlossen. Insgesamt errechnete sich ein Betrag in Höhe von 23.730 Euro. Zusätzlich hat die Kammer der Klägerin einen monatlichen Pflegemehrbedarf in Höhe von 3 Stunden á 10 Euro für insgesamt 1.014 Tage = 30.420 Euro zugesprochen.

 

Die außergerichtliche Geschäftsgebühr hat das Landgericht mit einer 2,0-Geschäftsgebühr ausgeurteilt.

 

Christian Koch, Fachanwalt für Medizinrecht & Verkehrsrecht

(Landgericht Hagen, Urteil vom 13.12.2023, AZ: 2 O 319/20)

 
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