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Parodontitis nicht behandelt: 6.500 Euro

25.06.2018

Die 1960 geborene Mandantin stellte sich 2012 bei ihrem Zahnarzt zur prothetischen Versorgung ihres Ober- und Unterkiefers vor. Anfang Januar 2013 entfernte der Zahnarzt die Brücke 17 bis 15 und beschliff die Zähne 17, 15 und 26 für die Aufnahme von Kronen. Am 23.01.2013 setzte er die prothetische Versorgung endgültig ein. Wegen akuter Schmerzen an den prothetischen Arbeiten wechselte die Mandantin den Zahnarzt. Die Nachfolgezahnärztin stellte eine chronische Parodontitis fest und behandelte über mehrere Monate lang das Zahnfleisch. Erst nach monatelanger Parodontitis-Behandlung wurde ein neuer Zahnersatz eingegliedert.

Der gerichtliche Sachverständige hatte festgestellt: Es sei fehlerhaft gewesen, vor der prothetischen Versorgung keine Grunduntersuchung des Zahnhalteapparates auf eine chronische Zahnbettentzündung (Parodontitis) vorgenommen zu haben. Eine zumindest orientierende Messung der Zahnfleischtaschentiefen, die Blutungsneigung des Gewebes nach Sondierung als Zeichen einer aktiven Entzündung, die Beurteilung freiliegender Wurzeloberflächen, die Beteiligung der Wurzelteilungsstellen sowie die Ablagerung bakterieller Belege ober- und unterhalb des Zahnfleischrandes seien nicht dokumentiert.

Bereits bei der ersten Untersuchung könne anhand des weiteren Krankheitsverlaufes und der Röntgenaufnahmen festgestellt werden, dass eine chronische Parodontitis vorgelegen habe. Diese habe zu einer erheblichen Destruktion des Zahnbettes an den Zähnen 15 und 17 geführt. Es sei deshalb eine Parodontal-Therapie vor der prothetischen Neuversorgung sowie eine Reevaluation nach etwa sechs Monaten vor der prothetischen Neuversorgung zwingend notwendig gewesen.

Die Kronenränder an den Zähnen 15, 17 und 27 stünden massiv über, was sich aus den Röntgenaufnahmen eindeutig ergäbe. Es sei nicht mehr nachvollziehbar und verständlich, dass eine neue prothetische Versorgung durchgeführt worden sei, ohne dass eine Behandlung der fortgeschrittenen chronischen Parodontitis - insbesondere an den zu überkronenden Zähnen - durchgeführt worden wäre. Dies sei ein eindeutiger Verstoß gegen die anerkannten Regeln der zahnärztlichen Kunst.

Für die Schmerzen, die auch während der Nachbehandlung anfielen (allerdings teilweise auf die Grunderkrankung zurückzuführen waren), weitere materielle Kosten für Zuzahlungen für ein Implantat in regio 17, hat das Gericht einen Betrag in Höhe von 6.500 Euro zur Vermeidung einer weiteren umfangreichen Beweisaufnahme vorgeschlagen.

(Landgericht Dortmund, Vergleich vom 09.10.2017, AZ: 4 O 348/14)

Christian Koch, Fachanwalt für Medizinrecht

 

 
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