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Brustwarze nach OP abgestorben: 9.000 Euro

23.10.2019

Der 1960 geborene Angestellte litt bei einer Körpergröße von 1,70 m und einem Gewicht von 90 kg (BMI - Body-Maß-Index 30,4) unter einer unnatürlichen Vergrößerung seiner Brüste (Pseudogynäkomastie bds.). Die Untersuchung ergab Brüste in Größe ca. zweier A-Körbchen. Die Ärzte rieten zu einer Entfernung des Gewebes mit angleichender Fettabsaugung. Einen Tag nach der Operation bemerkte der Mandant einen Bluterguss über der rechten operierten Brust, der sich von der rechten Brust über den Bauch bis zum rechten Knie ausbreitete. Durch Einstechen einer Nadel in die rechte Brustwarze wurde versucht, das sich unter der Brustwarze befindliche Blut zu entfernen.

Beim ersten Kontrolltermin nach stationärer Entlassung eröffnete sich beim Abtasten der rechten Brust die Narbe an der Brustwarze. Es entleerte sich reichlich schwarzes Blut. Der Mandant wurde unter der Diagnose "Nekrose des rechten Mamillen-Areolenkomplexes und subkutanes Hämatom" (Absterben von Zellen mit örtlichem Gewebstod) stationär aufgenommen. Noch am selben Tag erfolgte eine Entfernung der abgestorbenen Brustwarze und eine Ausräumung des Hämatoms. Nach der OP blieb neben der Achselhöhle ein 7 cm breites und 1,5 cm tiefes Loch in der rechten Brust. Es wurde eine weitere Revisionsoperation zur Beseitigung der störenden Eindellungen und eine Pigmentierung der rechten Brust zur Nachbildung der entnommenen Brustwarze notwendig.

Der gerichtliche Sachverständige hatte in seinem schriftlichen und mündlichen Gutachten erklärt, Operation und Nachbehandlung seien nicht zu beanstanden. Es habe sich ein typisches Risiko des Eingriffes verwirklicht. Der Verlust der Brustwarze habe mit der Schnittführung um die Brustwarze herum zu tun, weil die Durchblutung der Brustwarzen regelmäßig gestört werde. Durch den Blutergusses und die Minderdurchblutung sei es zu einem kompletten Absterben der Brustwarze rechts gekommen.

Ich hatte den Ärzten deshalb vorgeworfen, meinen Mandanten nicht über die erheblichen Operationsrisiken aufgeklärt zu haben. Die Operation sei ein rein kosmetischer Eingriff gewesen. Sie sei medizinisch nicht notwendig gewesen. Wäre dem Kläger mitgeteilt worden, dass es nach der Operation zu einem Absterben der Brustwarze komme, hätte er sich niemals operieren lassen. Die Patient müsse um so ausführlicher und eindringlicher über die Risiken einer Operation aufgeklärt werden, je weniger ein ärztlicher Eingriff medizinisch geboten sei. Das gelte besonders für kosmetische Operationen, die in erster Linie einem ästhetischen Bedürfnis entsprächen. Der Arzt, der eine kosmetische Operation durchführe, müsse dem Patienten das Für und Wider mit allen Konsequenzen drastisch und schonungslos vor der Operation erklären (OLG Hamm, Urteil vom 29.03.2006, AZ: 3 U 263/05; OLG Hamm, Urteil vom 11.09.2006, AZ: 3 U 74/06; OLG Oldenburg VersR 1998, 1421; OLG Stuttgart, Urteil vom 20.07.1999, AZ: 14 U 1/99).

Der Sachverständige hatte erklärt: Aus seiner Sicht wäre das Wohl des Patienten ohne die OP nicht gefährdet gewesen. Es habe keine medizinische Indikation für den Eingriff bestanden. Die beste Möglichkeit wäre es gewesen, einfach Gewicht abzunehmen und sich nicht operieren zu lassen. Der Verlust der Brustwarze sei aus ästhetischer Sicht die schwerwiegendste Komplikation bei einem derartigen Eingriff.

Die Kammer hat deshalb den Hinweis erteilt, dass die Operation mangels ordnungsgemäßer Aufklärung rechtswidrig war. Die Beklagte hafte deshalb für die eingetretenen Folgen. Zur Abgeltung der Ansprüche des Klägers zahlte das Krankenhaus einen Betrag in Höhe von 9.000 Euro sowie die außergerichtlichen Anwaltsgebühren.

(Landgericht Münster, Vergleich vom 27.03.2019, AZ: 108 O 74/16)

Christian Koch, Fachanwalt für Medizinrecht

 

 
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