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Schönheitsoperation: Der Albtraum aus Silikon

28.02.2012

Immer wieder machte sich die die 37 Jahre alte Mutter zweier Kinder Gedanken um ihre „hängenden und zunehmend schlaffer gewordenen Brüste“. Sie suchte Hilfe in einer privaten Schönheitsklinik. Der Chirurg riet ihr zu einer Brustvergrößerung mit zwei Silikonimplantaten und gleichzeitiger Straffung der Haut. Doch aus der Sehnsucht nach einem schönen Körper entwickelte sich ein Albtraum: Der Operateur arbeitete mit falschen Fäden, unterließ die erforderliche Straffung beider Brüste und setzte die beiden Brustwarzen viel zu hoch und asymmetrisch ein. Ein Schaden, der nur durch eine äußerst komplizierte Folgeoperation zu beheben ist. Das Oberlandesgericht Hamm verurteilte den Arzt zur Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 10.000 Euro und zum Ersatz sämtlicher weiterer finanzieller Schäden (OLG Hamm, Urteil vom 29.03.2006, AZ: 3 U 263/05).

Rund 400.000 Schönheitsoperationen werden jährlich nach Schätzung der Deutschen Gesellschaft für ästhetische Chirurgie vorgenommen. Darunter sind auch immer mehr Jugendliche. Die häufigsten Betätigungsfelder der plastischen Chirurgen sind die weibliche Brust, Oberschenkel, Bauch und Po sowie Partien im Gesicht und Hals. Was die meisten Patienten übersehen: Bei diesen medizinisch nicht notwendigen Eingriffen bestehen die gleichen Risiken wie bei einer medizinisch indizierten Operation (Infektionen, Narbenwucherungen, Wundheilungsstörungen, Thrombosen oder Nervenverletzungen). Zu den schweren Folgeschäden gehören Verbrennungen durch Laser, verrutschte und aufgeplatzte Brustimplantate, Atemprobleme nach Nasenkorrekturen, verunstaltende Hautdellen oder sogar Todesfälle nach Fettabsaugungen.

Um diese erheblichen Gefahren vor der Entscheidung zur Operation deutlich zu machen, verlangen deutsche Gerichte eine schonungslose Aufklärung des Patienten (OLG Hamm, Urteil vom 29.03.2006, AZ: 3 U 263/05). Der Arzt muss also bei einer lediglich aus kosmetischen Gründen gewünschten Entfernung ausgedehnter Fettpolster besonders auf das deutlich gesteigerte Risiko einer Wundheilungsstörung hinweisen, da bei der Fettabsaugung zwangsläufig schlecht durchblutetes und schlecht heilendes Gewebe beeinträchtigt wird (OLG Düsseldorf, Versicherungsrecht 1999, Seite 61). Informiert der Arzt den Patienten nicht ausreichend, ist die vom Patienten gegebene Einwilligung unwirksam. Der Chirurg haftet dann für jeden Folgeschaden, unabhängig davon, ob es sich um einen schicksalhaften Verlauf oder einen Behandlungsfehler handelt.

Neben der ärztlichen Diagnostik und dem operativen Eingriff muss auch die Nachsorge dem anerkannten Stand der medizinischen Wissenschaft entsprechen: Nach einer Fettabsaugung mit Straffung des Ober- und Unterbauches hielten die nachbehandelnden Chirurgen eine Delle am Unterbauch für Wundwasseransammlungen. Diese „Wundwasserdelle“ punktierten sie an 3 Tagen jeweils mit einer Spritze. Tatsächlich hatte bei der Fettabsaugung der Operateur die Bauchdecke beschädigt, so dass der Dünndarm ausgetreten war. Durch die behandlungsfehlerhafte Punktion des Dünndarms bildete sich eine lebensgefährliche Bauchfellentzündung, an welcher die 62-jährige Patientin fast verstorben wäre. Nach zahlreichen lebenserhaltenden Folgeoperationen war ihr Unter- und Oberbauch dauerhaft verunstaltet. Vor dem Landgericht Dortmund einigte sich die Geschädigte mit der Privatklinik auf ein Schmerzensgeld in Höhe von 25.000 Euro (LG Dortmund, Vergleichsbeschluss vom 30.10.2006, AZ: 4 O 212/03).

Wer sich also zu einem Face-Lifting, einer Bauchstraffung oder einer Brustvergrößerung entschließt, sollte sich vorher genauestens über die Art der Operation, vor allem aber über die Erfahrung und Fachkenntnisse des Operateurs informieren. Die Bezeichnung „Schönheits- oder plastischer Chirurg“ ist nach wie vor ungeschützt. Nicht wenige Ärzte bieten nach der Teilnahme an einigen Wochenendkursen ihre Dienste an, um schnelles Geld zu verdienen. Ist der Patient der Ansicht, dass die Operation behandlungsfehlerhaft war, muss er so schnell wie möglich Beweise sichern. Hierzu gehört das Erstellen von Gedächtnisprotokollen, das Sammeln von Rechnungen, Aufklärungsbögen und anderen schriftlichen Dokumenten, Fotodokumentationen (Vorher-/Nachher-Bilder) sowie die Einholung eines Sachverständigengutachtens. Die Beweislast für einen ärztlichen Behandlungsfehler liegt auch bei Schönheitsoperationen beim Patienten.

Christian Koch, Fachanwalt für Medizinrecht

 
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