E-Mail 02303 9830-811

Einrenken ohne Röntgenaufnahme: 4.000 Euro

25.08.2016

Der 1984 geborene Staatsbedienstete rief am 23.04.2014 wegen starker Rückenschmerzen in der Lendenwirbelsäule den Rettungswagen und wurde in die Ambulanz des Krankenhauses verbracht. Es wurde ein Zugang gelegt und ein Medikament intravenös gegen die Schmerzen verabreicht. Anschließend kam der Assistenzarzt und fragte, wo die Schmerzen im Rückenbereich seien. Der Mandant zeigte auf die Lendenwirbelsäule. Der Arzt äußerte, es handele sich um eine Blockade und er werde diese jetzt lösen. Er nahm das rechte Bein des Mandanten und winkelte es auf der Liege an, so dass der Fuß auf der Liege zum Stehen kam. Anschließend drückte er das angewinkelte rechte Bein nach links über das linke Bein.

Der Mandant lag dabei so auf der Liege, dass er am Rand der Liegefläche lag. Mit der einen Hand drückte der Arzt auf die Brust, damit der Mandant liegen blieb, mit der anderen drückte er ruckartig das rechte Bein seitlich zur Liege hinunter. Beim Ausführen dieses Einrenkvorganges erlitt der Mandant erhebliche Schmerzen. Während er bereits vor dem Einrenkversuch starke Schmerzen hatte und sich kaum noch bewegen konnte, waren die Schmerzen nach diesen drei Einrenkversuchen so stark, dass er zusätzlich Kreislaufprobleme bekam. Nach Abschluss der Manipulationen sollte er ein paar Schritte gehen, was ihm kaum möglich war. Darüber hinaus war das rechte Bein steif, die Wade rechts schmerzte plötzlich unerträglich.

Bis zum heutigen Zeitpunkt ist die Wade immer noch taub. Die Taubheit im rechten Oberschenkel legte sich am selben Tage gegen Mittag wieder. Die Schmerzen in der Wade verblieben. Es bestehen bis heute Sensibilitätsstörungen an der Unterseite des rechten Fußes. Er hat das Gefühl, als habe er ein Polster beim Auftreten unter dem Fuß.

Der behandelnde Arzt hatte im Termin zur Beweisaufnahme bestritten, den Mandanten überhaupt eingerenkt zu haben. Als er zum Patienten gekommen sei, habe dieser auf dem Bauch gelegen. Er habe ihn nicht einmal auf den Rücken gedreht. Er habe keine Ausbildung zum Einrenken und deshalb die Manipulation nicht durchgeführt. Nach Anhörung der Ehefrau des Mandanten, die bei der Manipulation mit anwesend war, hat das Landgericht den richterlichen Hinweis erteilt, dass sie der Ehefrau des Mandanten Glauben schenken werde. Die Kammer behielt sich für den Fall, dass keine Einigung zustande käme, weitere juristische Schritte vor, da sie davon ausging, der Arzt habe im Prozess die Unwahrheit gesagt.

Offen bleibe allerdings ohne Sachverständigengutachten, ob die vom Mandanten geschilderten Beschwerden auf das fehlerhafte Einrenken ohne Röntgenaufnahme zurückzuführen seien. Ebenso sei zurzeit unklar, ob die Verschlimmerung auf das Einrenken zurückzuführen sei oder aber, ob der beim Mandanten tatsächlich festgestellte Bandscheibenvorfall nicht bereits vor dem Einrenkversuch vorgelegen habe (kräftiger rechts-mediolateraler und nach dorsal sequestrierter Bandscheibenvorfall L5/S1).

Zur Vermeidung einer weiteren umfangreichen Beweisaufnahme zum behaupteten Behandlungsfehler und zur Kausalität zwischen Behandlungsfehler und Schaden einigten sich die Parteien auf den Betrag in Höhe von 4.000 Euro.

(Landgericht Dortmund, Vergleich vom 17.06.2016, AZ: 4 O 180/15)

Christian Koch, Fachanwalt für Medizinrecht

 

 
Zurück...